Stephan Jon Tramèr - Was ist schön?
Was ist schön?
durch Stephan Jon Tramèr
Was ist das Gegenteil von Schönheit? Die Hässlichkeit, wie es das Buch Umberto Ecos Storia della Bruttezza (dt. Die Geschichte der Hässlichkeit) nahelegt?
Ich schlage vor, dass als Gegenteil der Schönheit nicht die Hässlichkeit zu setzen wäre, sondern die Gleichgültigkeit. Daran können wir uns abarbeiten. Versuchen wir den Begriff der Gleichgültigkeit daran zu messen was aus ihr erwächst, werden wir uns vielleicht auf einem Pfad befinden der uns weiterführen kann. Die Konsequenzen sind jedenfalls enorm. Gleichgültigkeit hat mit Selbsterhöhung zu tun. Daraus entstehen Kriege, Tyrranei, Terror, der global wuchernde Mammonismus, Raubbau an der Schöpfung und ihren Ressourcen (jeder von uns ist davon Nutzniessender), Umweltprobleme wie Klimaerwärmung, Dürre, Ausbreitung der Wüsten, Weltraumschrott, Plastik in den Weltmeeren, Leerfischung der Meeresgründe, Ansprüche des Amerikanismus als Leitkultur der westlichen technischen Zivilisationen, Mobilitätswahn und anderes mehr.
Demgegenüber bedeutete die Schönheit in jeder denkbaren Form eine Wirkung der Anteilnahme, der Empathie, der höchsten anzustrebenden Form von Bewusstheit, welche in letzter Konsequenz immer die Wechselwirkung von Denken, Sprechen und Handeln mit dem Menschlichen, mit allem Geschöpflichen, mit Tieren und Pflanzen, in Zusammenhang bringt. Schönheitslehre wäre also Bildung und Pädagogik, Lehre und Forschung und der Zugang dazu für alle Menschen des Erdkreises. Dies betrifft nicht nur die künstlerische Arbeit, sondern schlichtweg alles, was Menschen tun können.
Schönheit geht mit der Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt nicht zusammen. Die Wirtschaftsordnung, welche unser kapitalistisches System beflügelt (immer mehr, immer weiter, immer schneller), ist die Ausgeburt der Gleichgültigkeit einzig zu meinem Nutzen. Ist das bloss billige Moral? Alles, was die Kirchen in der Vergangenheit zu dem drohenden und real existierenden Desaster beigetragen haben (falsch übersetzter Tanach: macht euch die Erde untertan, anstatt - hebräisch sinngemäss richtig: geht verantwortlich mit meiner Schöpfung um!) hatBewegungen nicht ernstgenommen - Bewegungen wie die moderne Anthroposophie oder die Grünebewegung, die von nicht-christlicher Seite zum Teil wichtige Fragen stellten und Lösungsansätze aufzeigten.
Das sollte Christen zu denken geben. Gleichgültigkeit ist Gottferne. Gleichgültigkeit verursacht die Verhässlichung der Welt. Das Göttliche und Menschliche sind das Lebendige, welche alle Dinge und Phänomene im Zusammenhang mit allem erkennen. Partikularitäten - auch im religiösen Bewusstsein - schaffen abgesonderte Systeme. Individualismen sind Egoismen. Sie erzeugen nur selbstreferenzielle Schönheitsbilder, die flüchtig sind und hierarchisch instrumentalisiert werden als Zeichen von Macht, Propaganda und Einflusssphären. Schönheit ist frei.
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Stephan Jon Tramèr: Geburt des Wunders