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Andreas Mertin - Tintoretto - Drei Gemaelde
Höhlen und Lichter. Tintoretto - Drei Gemälde
durch Andreas Mertin
Bice Curiger, die Kuratorin der 54. Biennale in Venedig, hat einen Künstler ins Zentrum der Ausstellung zeitgenössischer Kunst gerückt, den ganz sicher niemand dort erwartet hatte: Jacopo Tintoretto, geboren im September oder Oktober 1518 in Venedig, gestorben am 31. Mai 1594 in Venedig. Tintoretto war zu seiner Zeit einer der am meisten beschäftigten und produktivsten Maler Venedigs, zugleich ein radikaler sondergleichen: Er unterbot schon einmal alle Kollegen, nur um einen Auftrag zu ergattern bzw. um malen zu können. Gesellschaftliches Renommee war ihm egal, er hatte sein Leben der Kunst verschrieben.
Seine Arbeitsweise kann als geradezu experimentell beschrieben werden: Tintorettos Vorgehen bei Anlage und Ausführung eines Gemäldes ist aus dem Bericht Boschinis bekannt: Wenn er einen großen Auftrag für einen bestimmten Ort erhalten hatte, untersuchte er die Raum- und Beleuchtungsverhältnisse. Dann konstruierte er eine kleine Bühne, die dem darzustellenden Bildraum ähnelte, und beleuchtete sie dem Anbringungs¬ort des Bildes entsprechend. Auf dieser Bühne stellte er probehalber kleine selbstgeformte Wachsfiguren zu der gewünschten Komposition zusammen und skizzierte sie aus dem erforderlichen Blickwinkel in Helldunkel. Die so vorbereitete Darstellung prüfte er an Ort und Stelle; er änderte häufig große Teile der Szenerie und begann erst dann zu malen.