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Johannes Manz - The Godhead von Reto Scheiber
Reto Scheiber: The Godhead
durch Johannes Manz
Vor einigen Jahren vollzog sich in Reto Scheibers Leben durch eine Begegnung mit Jesus Christus eine radikale Wendung. Dieses Erlebnis war so lebensentscheidend, dass er es in seiner Masterarbeit am Central Saint Martins College of Art and Design künstlerisch umsetzte.
Dieses Werk, eine dreiteilige Raum-Licht-Installation, besteht aus zwei Wandbildern rechts und links neben einem Lichtkastens, der in der Mitte platziert ist. Die Installation stellt in einer nichtfigurativen, hochabstrakten Darstellung Gott den Vater, den Sohn Jesus Christus und den Heiligen Geist dar. Die Dreieinigkeit wird von Reto Scheiber nicht opulent figurativ dargestellt, sondern subtil auf das Wesentliche reduziert. Er verwendet dabei eine abstrakte künstlerische Sprache, die von Vorbildern wie Donald Judd, Mark Rothko, Sol LeWitt und Barnett Newman stammt, deren Arbeiten Reto Scheiber eingehend studierte. Der Einfluss der minimalistischen Elemente der Sechziger Jahre ist in seiner Raum-Lichtinstallation deutlich zu sehen.
Den Vater stellt er symbolisch als viereckige schwarze Box mit einem Lichtelement in der Mitte dar. Das Licht-Objekt bezieht sich auf den Vater: "Gott ist Licht; in ihm gibt es keine Spur von Finsternis " (1. Joh. 1,5). Jesus zur Rechten zeigt er in einem Wandgemälde mit schwarzem Rand auf weißem Grund. Den Heiligen Geist als zwei vertikale schwarze Balken auf weißem Hintergrund zur Linken der Lichbox. Das Werk befindet sich in einem dezent hellgrau gestrichenen Raum.
Die Wandbilder, welche Teil der The Godhead Raum-Licht-Installation sind, ergänzen sich gegenseitig. Die geschlossene Version symbolisiert den Tod von Christus, der vom Vater gekommen war. Die Enge und Gefängnisartigkeit des geschlossenen schwarzen Rahmens lässt keine Bewegung, keine Deutung von Freiheit zu. Das weiße Feld im Inneren, die Makellosigkeit Christi zeigend, ist fixiert, eingeschlossen. Die offene Version des Wandbildes symbolisiert Christi Auferstehung. Bewegung ist wieder möglich, der Rahmen ist nach Oben und Unten geöffnet, der Wirkungsweise des Geistes sprechend: „Denn wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“.
Geradezu prädestiniert für einen Andachtsraum, lädt diese Raum-Licht-Installation im halb abgedunkelten Raum den Betrachter zur Meditation ein. Nur schwer kann man sich der Dichte des Werkes entziehen, das seinen endgültigen Präsentationsort noch finden wird.
Die Videoinstallation Jesus ist eine künstlerische Weiterentwicklung der The Godhead Raum-Licht-Installation. Reto Scheibers Video Jesus gibt dem Betrachter keine Hinweise auf eine Christus-Ikonographie: keine Kreuzsymbole, keine Christusdarstellungen und keine Stationen der Passionsgeschichte, nichts von alle dem ist in dem Video zu sehen. Auch diese Arbeit spricht die reduzierte Sprache des Minimalismus. Auf Narratives aus dem Leben Jesu wartet man vergebens. Wenn man die Raum-Lichtinstallation The Godhead gesehen hat, erinnert man sich an den Glaskubus in der Mitte, der von einer nicht greifbaren Lichtquelle durchleuchtet wird. Dieser Kubus, den der Künstler einige hundert Mal fotografiert und zu einem Videofilm zusammen geschnitten hat, ist der scheinbar einzige Darsteller des Videos. Ein strenger Cut der Videosequenzen und der rhythmisierende minimalistische Sound der Musik, der dem Video eine zusätzliche verstärkende Wirkung verleiht, erzeugen auch bei dieser Arbeit eine Dichte, der man sich nur schwer entziehen kann. Unwillkürlich werden die Betrachter in einen Kampf zwischen Licht und Finsternis hineingezogen.
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Reto Scheiber: The Godhead, Raum-Licht-Installation, London 2007/Galerie ASPEKT 2012.
Reto Scheiber: Jesus, Videoinstallation, 2007.
Biografie
Reto Scheiber (*1972) Nach seinem Abschluss des Studiums an der Höheren Fachschule für Farbgestaltung in Zürich (HdF) 2000 – 2003. 2006 – 2007 absolvierte er das Studium Bildende Kunst an der University of the Arts London / Central Saint Martins College of Art and Design mit dem Abschluss Master of Fine Arts.